Freitag, 9. März 2012

Neues von der Schaufensterfront

Senfgelb hängt es da. Nicht einfach nur auf einem Bügel, aber auch nicht an einer vollständigen Figur. Vollständige Figuren, am Ende auch noch mit Haar und blickenden Augen, sind nicht modern. Nicht modern ist nicht gut. Nicht hier. Der Kopf fehlt also. Das ist modern.
Seidiger Stoff, seidiger Glanz, verstärkt durch den gerichteten Strahler.
Runder Halsausschnitt mit dem doppelt genommenen Stoff, quer zum Faden laufend. Senfgelb. Seidig. Glänzend. Teuer.
Der gerade Schnitt – nein! Gar nicht mal. Eher leicht bauschig. Ganz leicht. Kaum erkennbar. Gerade genug, um zu umschmeicheln. Um zu umspielen. Am unteren Rand, am Saum, weit höher als handbreit über dem Knie, trüge es eine lebende Figur, eine Frau, wieder doppelt genommener Stoff, ein optischer Abschluss, nicht ganz Bund, aber doch leicht verengt. Seidiges senfgelb. Teuer glänzend. Glänzend für 319,- €.
So hängt es da. Teuer. Mit einem Namen. Ohne Namen würde es hier nicht hängen. Nicht hier. Hier ist es modern, hier ist ein Name, hier ist teuer.
Draußen ist es dunkel. Draußen ist es kalt. Draußen ist kaum einer mehr. Bis es losprustet. Mitten aus dem Dunkel. „Das sieht ja aus wie ein Kartoffelsack!“
Ein dreihundertneunzehneuroteurer Kartoffelsack. Seidiggelb senfglänzend. Mit einem Namen.

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