Freitag, 4. Mai 2012

Make a laugh

Da sitze ich. Im Zug. Wie so oft. Ausgebreitet an einem Viererplatz mit Tisch. Gedanklich wehre ich alle potentiellen Mitsitzer ab, denn ich will mich nicht unterhalten. Auch finde ich es angemessen, für meine Beinfreiheit zu sorgen. Mehrfach die Woche so lange im Zug zu sitzen, tut dem Körper nicht wirklich gut. Da sollte es schon so bequem wie möglich sein. Und zu guter Letzt arbeite ich hier. Oder sowas in der Art. Heute zumindest steht mein Laptop vor mir und wird benutzt.
Ich bin nicht die Einzige mit diesem Revierverhalten. Neben mir am Viererplatz sitzt ein Mann etwa meines Alters. Auch er hat sich breit gemacht. Bei ihm sind es Papiere, die den Platzanspruch verdeutlichen. Ein Kinnbart gibt seinem Gesicht einen James-Hetfield-Touch und er trägt so einen Knopf im Ohrläppchen, diese Dinger, die so ziemlich jeder heute trägt, einen Tunnel. Das Teil ist allerdings klein und geschlossen. In dieser Größe habe ich mich tatsächlich mittlerweile an diese Art des Schmucks gewöhnt und es sieht immer noch besser aus als bei dem jungen Mann einige Sitze vor mir in Fahrtrichtung. Der, mit dem größeren Tunnel im Ohr und Ochsenring in der Nase. Immerhin: dessen Freundin hat diesen faszinierenden Dita-von-Teese-Pin-up-Girl-Look mit dickem, schwarzem Lidstrich und rosa Haartuch im blondierten Haar, durchaus süß! Nur leider auch mit Metall im Gesicht.
Hinter mir sitzt ein ca. 40-jähriger Mann mit rotem Pullover, dem ich den Platz vor der Nase weggeschnappt habe. Ich hätte mich auch noch auf die andere Seite des Abteils setzen können, aber ich bevorzuge nunmal die Sonnenseite. Auch wenn es heute wolkig ist – man weiß ja nie! Er hat diesen anderen Platz vielleicht nicht gesehen. Wäre zumindest möglich, denn er sitzt mit dem Rücken zu mir, gegen die Fahrtrichtung und teilt sich den Tisch mit einem anderen Fahrgast. Aber auch sie reden nicht miteinander.
Wie immer herrscht also eine Atmosphäre des sich-gegenseitig-ignorierens. Soll mir recht sein. Allen anderen vermutlich auch.
Aber manchmal kommt einem etwas dazwischen.
In Buchholz hören wir die obligatorische Verabschiedung der aussteigenden Fahrgäste und den Hinweis auf die Anschluss… - es gluckst im Lautsprecher - …verbindungen mit dem Erixx in Richtung Hannover. Aber damit hat es sich auch schon.
Kurz vor Hamburg werden wir jedoch, natürlich freundlich, darauf hingewiesen, dass wir nun gleich angekommen sind. Es wackelt. In der Stimme. Der Zugbegleiter sammelt sich, und fährt fort: „Wir verab…“, es gluckst wieder, „…schieden uns“, glucker, „von allen …“. ...
„Bitte entschuldigen Sie!“, prustet es uns aus den Lautsprechern entgegen. Zur Antwort prustet und kichert es von allen Seiten um mich herum zurück, auch ich lache amüsiert. Mitnichten, der Herr – gar nicht notwendig, irgendetwas zu entschuldigen. Wir alle haben unseren Spaß!
Und ganz unversehens schauen wir einander in die Augen, grinsen uns an, und der Metallica-Typ erzählt gleich noch von dem Fahrgastbetreuer, der für 15 Minuten nicht mehr aufhören konnte, zu lachen …

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